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21.08.2024

Ein Juwel der Musikkultur: Der Peter-Kaiser-Saal in Nendeln

Von der alten Stallscheune zum Klangraum für Flügel und Streichinstrumente: Nendeln (Liechtenstein) verfügt nun über ein herausragendes Juwel für die Musikkultur. Die Umwandlung des Hagen-Hauses neben der stark befahrenen Feldkircher Straße in einen erstklassigen Musiksaal stellte 2019 eine große Herausforderung dar. Heute ist klar: Nendeln verfügt über ein Schmuckstück, das einzigartige Hörerlebnisse auf höchstem Niveau bietet. Die herausragende Akustik des Saals verspricht unvergessliche Klangmomente und inspiriert Musiker und Solisten zu Höchstleistungen.

Historisches Ensemble als neue Heimat der Musikakademie

Das historische Ensemble in Nendeln, bestehend aus einem klassizistischen Doppelwohnhaus, einer großen Stallscheune, einem Waschhaus und einem Schützenhäuschen, wurde 1837 von Joseph Anton Seger erbaut und diente von 1864 bis 1912 als K&K-Poststation. Im Zuge einer behutsamen Sanierung und Erweiterung wird das denkmalgeschützte Anwesen nun zur neuen Heimat der Internationalen Musikakademie Liechtenstein. Das Wohnhaus bietet zukünftig Musikstudierenden Übernachtungs- und Übungsräume, während der Dachboden als Professorenloft genutzt wird.

Die Stallscheune, in der Typologie eines Pfeilerstalles errichtet, wurde zum Konzertsaal für Kammermusik adaptiert. Müller-BBM Building Solutions übernahm die spezialisierte Fachplanung für die Raum- und Bauakustik dieses Projekts.

Das Geheimnis hinter dem Wohlklang

Viele Aufführungsräume für Flügel sind zu klein. Im Peter-Kaiser-Saal hingegen sind die zentralen Bausteine für die Raumakustik ein großzügiges Raumvolumen von 900 m³ und schallstreuende Raumoberflächen aus Holz, vergleichbar wie Tonhölzer von Streichinstrumenten. Die Lamellen vor den Fenstern brechen die harten, direkten Reflexionen und erzeugen einen feinen, warmen Klang. Die Öffnung des Raums nach oben mit einem Sichtdachstuhl führt zu einer idealen Verteilung des Schalls, sodass die Töne von Flügel und Streichinstrumenten der Musikinstrumente optimal vom Raum getragen werden.

Zu Hause im Wohnzimmer klingt Schall in der Regel mit trockenen 0,5 Sekunden ab, während in Kirchen für Orgelmusik der Nachhall von Musik und Gesang bis zu 5 Sekunden dauern kann. Im neuen Peter-Kaiser-Saal wurden gezielt schallschluckende und drehbare Holzabsorberelemente vor den Fassaden platziert. Raumakustische Messungen mit speziellen kugelförmigen Dodekaeder-Lautsprechern bestätigen, dass die Nachhallzeit bei den warmen Tönen Idealwerte von 1,5 Sekunden und bei den hohen Tönen 1,0 Sekunden verzeichnet, was einen scharfen Klang von Flügelmusik verhindert.

Ruhe für die Musik

Das Hörerlebnis innerhalb des Saals lebt auch von niedrigen Ruhegeräuschen. Den Lärm der stark befahrenen Straße vor dem Saal schirmen 35 cm tiefe Kastenfenster mit außergewöhnlich schweren, schalldämmenden Glasscheiben ab. Das Dach und die seitlichen Giebelwände wurden in Abstimmung mit dem Denkmalschutz weitgehend schalldämmend ausgeführt, da Schallschutz Platz und Gewicht benötigt. Ein wahrer Segen für lärmgeplagte Ohren.

Das Auge hört mit

Cukrowicz Nachbaur Architekten ist ein besonderes Schmuckstück gelungen, das eine Gestaltung und Materialsprache zum Wohlfühlen bietet. Holzoberflächen dominieren, während technische Elemente wie Beleuchtung und Bestuhlung zurückhaltend schwarz gehalten sind. Die Fensterlamellen dienen nicht nur als akustischer, sondern auch als optischer Filter. Akustik und Architektur konnten hier auf harmonische Art und Weise in einem inspirierenden, geschmackvollen Saal vereint werden.

Ein Beitrag von Dr. Andreas Meier, Acoustic Consultant und Projektleiter, Müller-BBM Building Solutions GmbH